Sinti-Kind abgeführt: Prozess abgesagt
Mai 5th, 2022 | Published in Rassismus & Menschenrechte, Recht & Gericht
Prozess in Singen (Baden-Württemberg) abgesagt: Polizeibeamte ziehen Einspruch gegen Strafbefehl zurück
Kurz vor dem Beginn des Gerichtsprozesses gegen zwei der vier Singener Beamten, die am 6. Februar 2021 ein elfjähriges Kind in Handschellen auf die Polizeiwache gebracht hatten (wir berichteten hier, hier, hier, hier und hier), zogen diese ihren Einspruch gegen die bereits erfolgten Strafbefehle zurück.
Engin Şanlı, Rechtsanwalt:
„Es wäre gut gewesen, die Tat nochmal aufzuarbeiten und Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma deutlich zu signalisieren, dass das Fehlverhalten eingestanden wird. Die kurzfristige Einspruchsrücknahme zeigt uns, dass hier nicht verstanden worden ist, dass es nicht ausreicht, die Strafe zu akzeptieren. Bis heute wurde der Familie von dem in Handschellen abgeführten Kind keine Motivation genannt, warum es zu einem solchen Vorgehen gekommen ist. Die Familie möchte Gewissheit haben, dass solche Vorfälle in der Zukunft nicht mehr passieren. Wir schätzen schlussendlich die erfolgte Bestrafung der Beamten seitens der Justiz. Damit steht fest: Ein minderjähriges Kind wurde insbesondere auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Sinti und Roma durch Polizeibeamte gegen seinen Willen und ohne Rechtsgrundlage der Freiheit beraubt und schließlich dazu genötigt, in ein Polizeiauto einzusteigen. Es wurde aufs Revier gebracht, und die Erziehungsberechtigten wurden darüber nicht einmal informiert. Die Aufgabe der Sicherheitsbehörden und Politik ist, solchem Verhalten vorzubeugen.“
Daniel Strauß, Vorsitzender des VDSR-BW:
„Ein öffentlicher Prozess hätte den Antiziganismus – die mutmaßliche Motivation der Tat – aufgearbeitet. Dieser Aspekt fehlt vollkommen in der Verurteilung der Konstanzer Staatsanwaltschaft. Read the rest of this entry »