Geschichte & Gedenken

Podcast Hörsaal: „Baseballschlägerjahre“

November 27th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Radio, Podcast & TV, Rassismus & Menschenrechte, Wissenschaft

Als der Staat sein Gewalt­monopol preisgab. Polizei und rechte Straßen­­mobs in der ost­­­deutschen Trans­­­for­­­ma­­tions­­­ge­sell­­s­chaft der 1990er Jahre

Podcast: Hörsaal – Deutschlandfunk Nova, 24.11.2023

In den sogenannten Baseballschlägerjahren der 1990er-Jahre über­nahmen rechte Mobs teil­weise die Kontrolle auf Ost­deutschlands Straßen. Der Histori­ker Patrick Wagner erklärt in seinem Vortrag, warum es damals zu einer Erosion des staat­lichen Gewalt­mono­pols kam. Patrick Wagner ist Pro­fessor für Zeit­geschichte an der Mar­tin-Lu­ther-Uni­ver­sität Hal­le-Witten­berg. Seinen Vortrag hielt er am 2. Novem­ber 2023 im Rahmen der Ring­vor­lesung „Mehr als eine Randnotiz. Die extreme Rechte in der deut­schen Gesell­schaft nach 1945“ an der Uni Hamburg.

Gedenkveranstaltung in Lackenbach

November 21st, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Radijo/TV Erba, Veranstaltungen & Ausstellungen

Radijo ErbaRadijo Erba & TV Erba

Tschibtscha | 20.11.2023 | 9:13 min

Gondolipeskero mulatintschago ande La­cken­bach 2023 — Ando 23. novemberi 1940 o aguno „Gutshof“ o „Zigeunerlager Lackenbach“ kerdo ulo. O ande tscha­pime Roma, but lendar tschave sina iste buti ker­nahi taj 10 pro­centi loj pu­mara butjatar usch­tid­nahi o avre 90 pro­centi le habeske taj pibeske le lo­geris­kere scherostar lim ulo. Ando 1. Novem­beri 1941, 2.335 dschene ande tschapim sina. Le valami 4.000 Ro­mendar taj Sintijendar ando terno dschend 1941, 2.000 ando logeri Lodz/Litz­mann­stadt taj paloda ando mur­da­ri­pes­kero logeri Chelm­no/Kulm­hof ledschim ule. 300 schel dschi 400 i befrajung le logeristar Lackenbach duach o rus­titike nimci ando april 1945 prik dschivde. Ando 6. oktoberi 1984 na dur le agune lo­geristar jek gon­doli­pes­kero than le ledschime taj mur­darde Romenge kerdo ulo.

Am 23. November 1940 wurde in einem ehemali­gen Gutshof das „Zigeuner­lager La­cken­bach“ ein­ge­richtet. Die Zahl der inhaf­tierten „Zigeuner“ schwankte nor­maler­weise zwischen 200 und 900, ein Drittel davon waren Kinder. Sie lebten in Ställen und Scheunen unter primit­ivsten Be­dingun­gen und mussten Zwangs­arbeit leisten. Zwischen acht und elf Stunden betrug die tägliche Arbeits­zeit. Sie wurden von der Lager­leitung an ver­schie­dene Betriebe, z. B. an land­wirt­schaft­li­che Gutshöfe, Bauern­höfe, Forst­betriebe und Ziegeleien „ver­liehen“ oder beim Straßenbau ein­gesetzt. Die Zwangs­arbeiter er­hielten zirka 10 Prozent des Lohnes. Den Rest behielt sich die Lager­leitung für Kost und Ver­pflegung ein. Am 1. Novem­ber 1941 er­reichte die Zahl der Lager­insassen den Höchst­stand von 2.335 Pe­rsonen. Von den ins­gesamt rund 4.000 im Lager Lackenbach inter­nierten „Zigeunern“ wurden im Herbst 1941 2.000 in das Ghetto Lodz/Litz­mann­stadt und von dort später ins Ver­nich­tungs­lager nach Chelm­no/Kulm­hof de­portiert. 300 bis 400 Häftlinge erlebten die Be­freiung des Lagers Lacken­bach durch sowje­tische Truppen im April 1945.

Die Gebäude des ehemaligen „Zigeunerlagers“ Lackenbach exis­tieren heute nicht mehr. Sie wurden in den 1970er Jahren ab­gerissen und das Gelände zum Teil mit Ein­fami­lien­häusern überbaut. Auf Anregung der öster­reichi­schen Opfer­verbände wurde am 6. Okto­ber 1984 unweit des ehe­maligen „Zigeunerlagers“ ein Mahnmal für die hier inter­nierten und von hier de­por­tierten Roma und Sinti er­richtet.

(Beitrag: TV Erba)

Gedenkstätte Lety kurz vor Eröffnung

November 19th, 2023  |  Published in Einrichtungen, Geschichte & Gedenken

Visualisierung der künftigen Gedenkstätte in Lety (Foto: Atelier Terra Florida via Radio.cz)Tschechien: Völkermord-Gedenkstätte in Lety soll im Febru­ar er­öff­net werden

Radio.cz: Die Gedenkstätte für den Völkermord an den Sinti und Roma in Böhmen steht kurz vor ihrer Fertig­stellung. Am Montag ver­kün­deten Ver­treter des Museums der Roma-Kultur, das die Gedenk­stätte in Lety ver­walten wird, das offi­zielle Er­öff­nungs­datum: 3. Februar 2024.

Politiker und weitere Engagierte haben damit begonnen, vor Ort Jungbäume zu setzen. Sie sollen Teil der Gedenk­stätte werden, ins­gesamt sind knapp 14.000 Bäume vor­gesehen. „Der neu an­ge­legte Wald soll die verlo­rene Roma-Com­mu­nity dar­stellen und sie sym­bolisch er­setzen“, sagte die Leiterin des Museums der Ro­ma-Kul­tur, Jana Horváthová. Die meisten der Jung­bäume sind übri­gens eine Schenkung der Herr­schaft Orlík von Jan Schwarzenberg und seinem ver­stor­be­nen Vater, dem Ex-Au­ßen­minister Karel Schwarzenberg. Die Anlage entsteht am Ort des früheren Konzentrationslagers im südböhmischen Lety. Dort wurden den Historikern zufolge von August 1942 bis Mai 1943 ins­gesamt 1.308 Sinti und Roma inhaf­tiert. 327 von ihnen starben in Lety, mehr als 500 der Inter­nier­ten wurden nach Auschwitz deportiert. „Es ist un­glaub­lich wichtig, daran zu erinnern, was hier pas­siert ist. Die Opfer, derer wir heute geden­ken, werden häufig ver­gessen. Dieses Kapitel un­serer Geschichte liegt ge­wisser­maßen unter einem Schatten“, so die Vor­sitzende des Ab­ge­ord­neten­hauses, Markéta Pekarová Adamová (Top 09), am Montag.

Der Weg zur Gedenkstätte war schwierig. Ab den 1970er Jahren stand an dem Ort eine Schweine­mast. Obwohl sich Roma-Ver­bände und Men­schen­rechts­organi­sa­tio­nen sehr bald nach der politischen Wende von 1989 für einen Abriss der Farm ein­gesetzt hatten, kaufte der tsche­chische Staat erst 2018 das Gelände auf und leitete die Ent­stehung der Gedenk­stätte in die Wege. Read the rest of this entry »

„Wankostättn“ eröffnet Duisburger Filmwoche

Oktober 18th, 2023  |  Published in Film & Theater, Geschichte & Gedenken, Interview

"Wankostättn" (Filmstill: Karin Berger/Navigator-Film)Good News aus Deutschland: Am 6. No­vember eröffnet die 47. Duisburger Film­woche mit der Deutsch­land-Pre­mie­re von Wanko­stättn (AT 2023, 37 Min.) von Karin Berger.

[Anm. d. Red.: Ein ausführliches Interview mit der Filmemache­rin finden Sie in der ak­tuel­len Aus­gabe von dROMa.]

„Nichts ist da, was erinnern könnte. Wenn ich dann wieder weggehe, bin ich ganz leer“, sagt Karl Stojka, auf einer Straße im 11. Wiener Bezirk ste­hend. Im Gehen er­zählt Karl Stojka von diesem Ort, von seiner Kindheit auf der „Wanko­stättn“ in Wien, wo sich ein großer Wohn- und Lager­platz der Rom:nja und Sin­ti:zze befand. Nach dem An­schluss Öster­reichs an Nazi-Deutsch­land wurde der Platz zu­nächst ab­ge­grenzt, dann 1941 ge­räumt und die Be­woh­ner:in­nen de­portiert.

Karin Berger fügt für Wankostättn zwei Gespräche zusam­men, die sie bereits 1997 mit Karl Stojka führte. Zwi­schen der Filme­macherin und den Ge­schwistern Karl und Ceija Stojka be­stand eine enge Ver­bun­den­heit und lange Zu­sam­men­arbeit.

Während Stojka den veränderten Erinnerungsort durchwandert, wird die Diskrepanz zwi­schen der erzählten Erinnerung und der be­bauten Gegen­wart erfahr­bar. „Wanko­stättn zeigt in der rohen Form und Un­mittel­barkeit seines Materials die Kraft münd­licher Er­innerungs­kultur und das Potential des Doku­men­tari­schen. In einer Gegen­wart, in der die Auf­arbeitung der rassisti­schen Verbrechen an Rom:nja und Sin­ti:zze an­dauert, bewahrt Wanko­stättn nicht nur Zeugen­schaft, sondern macht sie lebendig. Ein Film über Erin­nerung und über die Arbeit an ihr. Read the rest of this entry »

Sammelband über den NS-Völkermord

Oktober 11th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Literatur & Bücher, Wissenschaft

Cover Sinti und RomaKarola Fings / Sybille Steinbacher (Hrsg.): Sinti und Roma. Der natio­nal­sozia­lis­ti­sche Völker­mord in histo­ri­scher und ge­sell­schafts­poli­ti­scher Per­spek­tive (=Da­chau­er Sym­posien zur Zeit­ge­schichte, Bd. 19), Wall­stein Verlag, Göttingen 2021, 288 S.

Der Völkermord an den Sinti und Roma: bis heute ein »blinder Fleck«. Der Völker­mord an den Sinti und Roma erfuhr erst eine öffent­lich weithin sicht­bare An­erken­nung, als 2012 in Berlin das zentrale Denkmal für diese Opfer­gruppe ge­schaffen wurde. Doch bis heute ist das Wissen um die Verfolgung der Minder­heit und den an ihr began­genen Völker­mord gering.

In historischer Perspektive werden das Verfolgungs­gesche­hen im Deutschen Reich, das Leid im Kon­zentrations­lager Dachau sowie die Tötungs­verbrechen in Ost- und Südost­europa dar­gestellt. Dem Span­nungs­feld von Täter- und Opfer­per­spek­tiven und den Kontinuitäten und Brüchen nach 1945 gilt ein beson­deres Augenmerk. In ge­sellschafts­politischer Perspektive werden Fragen der Ver­mitt­lungs- und der Bürgerrechts­arbeit proble­matisiert sowie die Bedeu­tung des bis heute wirk­mächtigen Anti­ziganis­mus für die Über­lebenden und deren Nach­kommen the­matisiert.

Aus dem Inhalt: Read the rest of this entry »

Odyssee am Balkan

Oktober 4th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Literatur & Bücher, dROMa (Magazin)

Aus dem dROMa-Archiv (68/2022):

Mirano Cavaljeti (re.) und sein Bruder Harry, 1946 (Foto: Mirano Cavaljeti)Kindheitserinnerungen aus dem Krieg

Mirano Cavaljeti war einer der Großen auf den Operet­ten­bühnen Europas. Bis zu seinem Bühnen­ab­schied vor gut zwan­zig Jahren trat der deutsche Tenor in 115 Theater­häu­sern auf. Über seine Her­kunft hielt er sich lieber be­deckt. Mit 89 Jahren hat er nun aber seine Lebens­ge­schich­te ver­öf­fent­licht.

Hinter ihm liegt eine schillernde Karriere. Als umjubel­ter Tenor stand Mirano Caval­je­ti-Rich­ter mit vielen Stars auf der Bühne, mit Johannes Heesters teilte er die Gar­derobe, mit Milva reiste er durch Italien. Er bril­lierte in der „Zauberflöte“ ebenso wie im „Zi­geu­nerbaron“. Vor allem das Ope­retten­fach hatte es ihm angetan, hier feierte er seine größ­ten Erfolge. Das Publikum lag ihm zu Füßen, auch in Österreich.

Fragen nach seiner Herkunft wusste Cavaljeti stets charmant aus­zu­weichen. Oder er flunkerte, dass er eigent­lich aus Südtirol stamme, und warf wie zum Beweis ein paar Brocken Italienisch hinter­her. „Über die ganzen Jahre hin­weg hielt ich an dieser Er­klärung fest und glaubte schließ­lich fast selbst daran“, erin­nert er sich. Kaum einer seiner Bühnen­kollegen, und schon gar nicht das Publikum, wusste von seiner Sinti-Her­kunft – und von den Schrecken seiner Kindheit.

Jetzt, mit beinahe 90 Jahren, hat er sich dazu durch­gerun­gen, seine verschwie­gene Lebens­ge­schichte zu Papier zu bringen. Unter dem Titel „Auf der Flucht über den Balkan“ liegen seine Erin­nerun­gen, mit einem Nach­wort versehen von der Histo­ri­ke­rin Annette Leo, nun­mehr in Buchform vor. Read the rest of this entry »

Pharikani roas upro Balkan

Oktober 3rd, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Literatur & Bücher, dROMa (Magazin)

Aus dem dROMa-Archiv (68/2022):

Mirano Cavaljeti (re.) und sein Bruder Harry, 1946 (Foto: Mirano Cavaljeti)Tschavoripeskere palgondoliptscha andar o haburi

O Mirano Cavaljeti jek le lek bare­de­ren­dar upro ope­re­ta­ke­re khe­li­pes­ke­re tha­na andi Euro­pa sina. Dschi use les­ke­ro kise­ti­nipe angle la­tsche bisch ber­scha, o nimtsch­ko te­nori ande 115 te­ate­ris­ke­re khera khe­lahi. Pedar les­kero telsch­ta­mi­nipe but na phu­kav­lahi. 89 ber­sche­na akan les­keri dschi­vi­pes­keri his­to­ri­ja ari dija.

Pal leste jek bari karijera paschlol. Ojs kamlo tenori o Mirano Cavaljeti-Richter, but prin­dscharde dsche­nenca ando pra­dipe te dikel sina, le Johannes Heesteriha ov peske jek garderoba ulatscha, la Milvaha duach i Italija roasin­tscha. Ov brili­rintscha andi „Zauberflöte“ afka sar te ando „Zigeuner­baron“. Butvar o ope­rete­jakero koja aun le leske kertscha, adaj ov pre lek bareder jeri­niptscha mula­tintscha. O dschene uso pre leske pasch­lo­nahi, te andi Austrija.

Le phutschajiptschenge pal leskero telschtaminipe, o Caval­jeti mindig latsche andar o drom te dschal dschan­lahi. Vaj ov hohav­lahi, hot ov andar sud Tirol al, taj kaj le te patschan, ov mindig poar alava andi italitiki tschib palal tschid­lahi. „Pedar o cile berscha, ada erkle­rinipe upre likerahi taj bojd te me le patscha­jahi“, phenel ov adi. Bojd niko leskere kole­gendar taj schoha nisaj dscheno dschan­lahi, les­kere Sinti-telsch­ta­mini­pestar – taj te pedar o bibastale ter­dschi­jiptscha ande leskeri tscha­vengeri cajt.

Akan, bojd 90 berschenca, phentscha ov, hot pri garudi dschivi­pe­skeri his­torija tel te pisinel kamla. Telal o anav „Auf der Flucht über den Balkan“ akan les­kere pal­gondo­li­nip­tscha, jeke palal pisime alaveha la hist­oriker­ki­jatar Annette Leo, ande jek kenva angle paschlon. Read the rest of this entry »

„Diesen Respekt verdienen wir!“

September 28th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Politik

Jenische LogosOffener Brief der Jenischen an Integrations­ministerin Susanne Raab


Im Jänner 2020 hat die österreichische Regierung in ihrem Regie­rungs­programm „Aus Ver­ant­wor­tung für Öster­reich“ die Prü­fung der An­er­ken­nung der Jenischen an­ge­kün­digt. Heute, fast vier Jahre später, ist dies­be­züg­lich lei­der nur Still­stand zu sehen. Des­halb schicken der Verein Jenische in Öster­reich, der Euro­pä­i­sche Jeni­sche Rat und das Jeni­sche Archiv einen offe­nen Brief an die zu­stän­dige Bun­des­minis­terin Susanne Raab.

Sehr geehrte Frau Ministerin Susanne Raab,

wie Sie wissen, hat die im Regierungsprogramm vom Jänner 2020 an­ge­kündigte „Prüfung der Anerken­nung der jenischen Volks­gruppe in Ös­terreich“ bislang nicht nur nicht statt­ge­funden, sie hat zudem noch nicht einmal be­gonnen. Angesichts der bereits ver­striche­nen Regierungs­zeit wird sie wohl ein reines Lippen­bekenntnis gewesen sein? Wir, der „Verein Jenische in Österreich“, Spre­cher:innen der jeni­schen Volks­gruppe in Öster­reich, haben uns am 30. Jänner 2020 erst­mals an Sie gewandt, be­kommen aber bis heute, bei Ihnen als zustän­diger Ministerin, nicht nur keinen Termin, nein, auch Medien­anfragen zum Thema werden nicht be­ant­wortet. Besorgt um unsere liberale Demo­kratie und irritiert über Ihr Ver­halten, oder besser gesagt, Nicht-Ver­halten, bleibt uns nur mehr dieser Versuch, mit Ihnen in Kon­takt zu treten.

Den Angehörigen einer in Österreich immer besonders diskrimi­nier­ten Minderheit – den von Ihnen igno­rierten Jenischen – sig­nali­sieren Sie damit vor allem eines: Nicht­an­er­ken­nung, um­gangs­sprachlich: Ablehnung. Die Nicht­an­erken­nung dieser Volksgruppe impli­ziert auch die Nicht­aner­kennung des Unrechts und Leids, das an Jenischen in der Nazi-Dik­tatur verübt wurde. Die Dis­kriminie­rung hat 1945 nicht aufgehört. Uns Jenischen hat sich diese Ab­lehnung ein­ge­brannt, wir müssen bis heute damit leben, immer unter Gene­ral­verdacht zu stehen.

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Jek endscheli upro phiko

September 12th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Interview, Literatur & Bücher

Aus dem dROMa-Archiv (51/2017):

Ein gutes LebenSchunipeskeri kenva: O holanditiko Sinto Zoni Weisz phukal pri bijografija


Kekaj so sa pasirintscha, kekaj so me sa na­scha­tschom“, phe­nel o Zoni Weisz: „me bas­talo ma­nusch som.“ taj oda, kekaj jek bi­bas­talo hischo pedar les­kero ileto pa­schlo­lahi – sajt o 19to maj 1944, kada ov ojs efta ber­schen­ge­ro iste use dik­lahi, sar les­keri Sin­ti fa­mi­li­ja an­dar o lo­geri Westerbork, Auschwitz ledschim uli.

Ov na ulo ledschim, kaj leske jek holanditiko harengero upro srastu­nakero than pomo­schin­tscha, naschi te dschal: „Te me mri kalapa tel lijom, akor iste nasches, iste nasches!“, phen­tscha leske o haren­gero. Taj o Zoni te naschel kes­dintscha taj upre jek srastuni upre urtschano, savi bejg ladlahi. Ande minden­fe­ltike garujip­tscha o masek­tscha prik dschiv­tscha – ando vescha, use gadsche, ande jek thudeskeri firma, mindig la daraha, le nimtsche nim­cendar astardo te ol. Ham o Zoni prik dschivtscha: „I cili cajt“, phen­tscha lo, „jek endsche­li upre mro phiko sina.“

Ada sa, o adiveseskero 80 berschengero phukal, afka, hot kiva­nines tuke, hot adala duj CDs ande saki isch­kola­keri bib­lijo­teka terdschon. 120 minuti phukal o Zoni Weisz pedar o falati pre dschi­vi­peskere dromestar: usar o tscha­voripe ando grasten­gere verdi, savo le and gejipeha le nimtschke nim­cendar jek bibas­talo kiseti­nipe lakla; taj la „kala heftschatar“, savi ali, kada leskeri familija and tschapim uli: „So, so ande tro dschi­vipe bari­kano hi, bejg hi!“

Ham o Zoni jek nevo kesdipe schofintscha: Na dur pal o kisetinipe ojs but­scha­schi use jek floristo kes­din­tscha, taj maschkar o bokreti, pro akaripe lakla. Tel phaglo tschak le nimcen­gere di­janstistar ando varno vesch ande Surinam, o Zoni Weisz srastuna discip­linaha upre pe butscha­lintscha, usar o arsikli­pes­kero tschau dschi uso floristo leskere vilagostar, saveske 2002 muguli o bokre­ten­gero keripe le kiralen­gere bija­vistar prik dim ulo. Read the rest of this entry »

Ein Engel auf der Schulter

September 9th, 2023  |  Published in Geschichte & Gedenken, Interview, Literatur & Bücher, dROMa (Magazin)

Aus dem dROMa-Archiv (51/2017):

Ein gutes LebenHörbuch: Der holländische Sinto Zoni Weisz erzählt seine Biografie


„Was auch passiert ist, was ich auch verlo­ren habe“, sagt Zoni Weisz: „Ich bin ein sehr glück­li­cher Mensch.“ und das, ob­wohl seit sei­ner Kind­heit ein schreck­li­cher Schat­ten über sei­nem Le­ben lag – seit dem 19. Mai 1944, als er als Sie­ben­jäh­riger mit­ansehen musste, wie seine Sinti-Fa­mi­lie vom La­ger Westerbork nach Auschwitz de­por­tiert wurde.

Er selbst entging dem Transport, dank einem niederländi­schen Polizisten, der ihm im letzten Mo­ment am Bahn­steig zur Flucht verhalf: „Wenn ich meinen Hut ab­nehme, musst du laufen, laufen!“, flüs­terte ihm der Polizist zu. Und Zoni lief los und rettete sich in einen los­rol­lenden Per­sonen­zug. In wech­selnden Ver­stecken über­stand er die folgen­den Monate – in den Wäldern, bei Bauern, in einer Molkerei, in steter Angst vor den deutschen Pat­rouillen. Doch Zoni über­lebte: „Die ganze Zeit“, sagt er, „war ein Engel auf meiner Schulter.“

Das alles erzählt der heute 80-Jährige ohne Skript, so direkt und anschau­lich, dass man sich wünscht, diese Doppel-CD stünde in jeder Schul­bibliothek. 120 Mi­nuten lang berichtet Zoni Weisz von den Etappen seines Lebens­weges: vom Kind­heits­idyll im Pferdwagen, das mit dem deut­schen Einmarsch ein jähes Ende fand; und vom „schwarzen Loch“, das folgte, als seine Familie ver­haftet wurde. „Alles, was wichtig ist in deinem Leben, ist weg!“

Aber Zoni schaffte den Neubeginn: Bald nach der Befreiung kam er als Aus­hilfs­kraft bei einem Floristen unter und fand dort, zwischen Blumen­gestecken und -ge­binden, seine Berufung. Unter­brochen nur von einem Militär­dienst im Urwald von Surinam, arbeitete sich Zoni Weisz mit eiserner Disziplin nach oben, vom Lehrbub bis zum führen­den Floristen seines Landes, dem 2002 sogar der Blumen­schmuck der königli­chen Hochzeit an­ver­traut wurde. Read the rest of this entry »