Juli 22nd, 2023 |
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Kunst & Fotografie, Veranstaltungen & Ausstellungen
Sivdem Amenge. Ich nähte für uns.
I sewed for us.
Ausstellung von Małgorzata Mirga-Tas
Bis 3. Sept. 2023, Brücke-Museum in Berlin
Małgorzata Mirga-Tas (*1978 in Zakopane, Polen) schafft großformatige, farbenprächtige Textilcollagen und Gemälde. In ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland tritt sie in einen künstlerischen Dialog mit der historischen Sammlung des Brücke-Museums.
Ihre Arbeiten thematisieren historische Erzählungen, aber auch zeitgenössische Erfahrungen von Rom*nja. Oft stellt die Künstlerin alltägliche Szenen aus deren Leben dar, die mit stereotypen Fremddarstellungen brechen und diesen eine neue, selbstbewusste Rom*nja-Ikonografie entgegenstellen. Gemeinschaft, Familie, Schwesternschaft und Geschlechterverhältnisse sind zentrale Motive ihres künstlerischen Oeuvres. Die Protagonist*innen sind oftmals Personen, die der Künstlerin nahestehen: Familienmitglieder, befreundete Künstler*innen und andere wichtige Persönlichkeiten der Rom*nja-Community.
Mirga-Tas ist Bergitka-Romni und wuchs in einer Rom*nja-Siedlung im polnischen Czarna Góra auf. Ihre künstlerische Tätigkeit ist eng mit ihrem Aktivismus für die Belange der Rom*nja verbunden. Denn deren Darstellung ist seit Jahrhunderten durch den Blick von Nicht-Rom*nja geprägt und reproduziert – wie beispielsweise in Bildern von Otto Mueller – häufig unreflektiert rassistische Klischees.
In ihren Arbeiten bezieht sich Mirga-Tas auf diese problematischen historischen Bilder und verhandelt sie neu. Read the rest of this entry »
Juli 15th, 2023 |
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Hochschulschriften, Kunst & Fotografie, Literatur & Bücher, Medien & Presse, Rassismus & Menschenrechte, Wissenschaft
Rosa Tatzber (2021): Zur visuellen Reproduktion des Antiziganismus
Masterarbeit, Universität Wien (Fakultät für Sozialwissenschaften), 111 S.
→Zum Download der UB Wien (pdf)
Abstract: Antiziganismus ist ein sozial bedingtes Phänomen, welches seit Jahrhunderten zur Diskriminierung und Verfolgung von Rom_nja und Sint_ize führt. Um Antiziganismus in seiner gesellschaftlichen Bedingtheit zu verstehen, wird auf die Kritische Theorie des Antiziganismus Bezug genommen, die dessen Ursache nicht in den Betroffenen, sondern in der pathischen Projektion der Vorurteilshaften sieht. Aufbauend auf diese Thesen wird mit dem Konzept der antiziganistischen Sinnstruktur eine Verbindung zur wissenssoziologischen Bildhermeneutik hergestellt, um der visuelle Reproduktion von Antiziganismus in fixierten Bildern nachzugehen. Vorgestellt werden vier Bildinterpretationen, welche sich mit dem antiziganistischen Potenzial auf den Ebenen der Bildgestaltung, der ikonografischen Bildtradition und des Kontextes (Facebook, VOL.at, Oe24.at, RTL.de, 9Gag.com) befassen. Wesentlich ist der Ausgangspunkt, dass Bilder ikonisch Sinn erzeugen und dieser nicht vollständig in Sprache übersetzbar ist. Daher wurde die Methode der Figurativen Hermeneutik nach Michael R. Müller gewählt. Deutlich wird, dass bereits die Choreografie der Bilder Antiziganismus visuell reproduzieren kann und sich diese in die Tradition der Fremddarstellungen einordnen lassen. Daher ist eine Sensibilisierung für visuelle Stereotype und das Aufzeigen von Gegenbildern notwendig.
Schlagwörter: Antiziganismus / Kritische Theorie / visuelle Soziologie / visuelle Stereotype
Hochschulschrift (Masterarbeit); Betreuerin: Roswitha Breckner
u:theses ist das Hochschulschriften-Repositorium der Universität Wien.
UB Wien: utheses.univie.ac.at/detail/61060
Juni 22nd, 2023 |
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Film & Theater, Geschichte & Gedenken, Kunst & Fotografie, Rassismus & Menschenrechte, Wissenschaft
Frank Reuter, Daniela Gress, Radmila Mladenova (Hrsg.): Visuelle Dimensionen des Antiziganismus. (= Antiziganismusforschung interdisziplinär – Schriftenreihe der Forschungsstelle Antiziganismus, Band 2), Heidelberg University Publishing: Heidelberg 2021.
→Zum Download
Visuelle Medien spielen seit der Frühen Neuzeit eine Schlüsselrolle für die Genese des Antiziganismus. Der interdisziplinär angelegte Sammelband untersucht die zentralen Motive und Semantiken von „Zigeuner“-Bildern in unterschiedlichen Repräsentationsformen wie Literatur, bildender Kunst, Fotografie, Postkarten, Oper, Theater, Comic, Film oder Computerspielen. Dabei werden insbesondere Verbindungslinien und Wechselbeziehungen in den Blick genommen. Die Beiträge legen die inhaltlichen, zeitlichen, geografischen und medienspezifischen Ausprägungen eines der wirkmächtigsten Stereotype in der europäischen Kulturgeschichte frei. Bis heute haben antiziganistische Imaginationen negativen Einfluss auf die Positionierung von Sinti und Roma in den europäischen Gesellschaften.
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Mai 4th, 2023 |
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Kunst & Fotografie, Literatur & Bücher
Hrsg. von Moritz Pankok und Álvaro Garreaud
Edition Braus, 144 S., veröffentlicht am 15. Nov. 2022
Helios Gómez (geb. 1905, Sevilla – gest. 1956, Barcelona) stand im Zentrum der wichtigsten Netzwerke künstlerischen Schaffens in Europa Anfang des 20. Jahrhunderts. Seine Zeichnungen, Plakate und Gemälde erzählen aus einer subalternen und aktiven Perspektive den Einbruch des Proletariats in die Geschichte der Bilder. Während der Zeit der Diktatur in Spanien wurde er verfolgt und ging 1927 ins Exil. Nach einem Aufenthalt in Paris folgten die Stationen Brüssel, Wien, Moskau und im Winter 1928/29 schließlich Berlin. Im Kreis der Assoziation revolutionärer bildender Künstler knüpfte er Beziehungen zur Dada-Gruppe und den Konstruktivisten und studierte moderne Typographie. 1930 veröffentlichte die Internationale Arbeiter-Assoziation in Berlin sein Meisterwerk »Dias de Ira – Tage des Zorns«, das Realismus und Abstraktion, radikale Ästhetik und soziales Engagement verbindet und welches in diesem Buch vollständig reproduziert wird.
(Text: Aufbau Verlag)
Zu Helios Gómez siehe auch den Beitrag von Daniel Díaz in der aktuellen Ausgabe unseres Magazins dROMa.
März 7th, 2023 |
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Facts & Figures, Kunst & Fotografie
Der Artprice-Kunstmarktbericht 2014/15 nennt die Gitana Lita Cabellut als international am zweitmeisten gehandelte lebende Künstlerin aus Spanien.
(Quelle)
Januar 23rd, 2023 |
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Geschichte & Gedenken, Kunst & Fotografie
Sie malte um ihr Leben: Ihre künstlerische Begabung hat Dina Gottliebová-Babbitt in Auschwitz vor dem Tod in der Gaskammer gerettet. Mordarzt Josef Mengele ließ sie im Vernichtungslager Bilder von Roma und Sinti anfertigen. Vor 100 Jahren wurde Dina Gottliebová in Brno/Brünn geboren.
Radio Prag Int.: Die tschechisch-amerikanische Grafikerin wurde am 21. Januar 1923 in Brno/Brünn geboren. Während der deutschen Besatzung schloss man Dina Gottliebová wegen ihrer jüdischen Herkunft von der Kunsthochschule aus. Anfang 1942 wurden sie und ihre Mutter zunächst ins Konzentrationslager Terezín/Theresienstadt deportiert und von dort knapp zwei Jahre später ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Doch ihr künstlerisches Talent rettete Dina Gottliebová vor dem Tod. [...] Der berüchtigte SS-Arzt Josef Mengele wurde auf eine Zeichnung aufmerksam und ließ nach der Künstlerin suchen. Er machte die 21-jährige Gottliebová zur Porträtistin der Opfer seiner Experimente. Denn Mengele fand, dass auf den Fotografien von gefangenen Sinti und Roma deren Hautfarbe nicht genügend stark zutage trete. Und so musste Dina Gottliebová als Häftling 61016 farbige Aquarellzeichnungen der dem Tod geweihten Menschen anfertigen.
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Dezember 1st, 2022 |
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Ehrungen & Nachrufe, Kunst & Fotografie
Der neue, biennal ausgelobte, mit 20.000 Euro dotierte Preis für zeitgenössische Kunst wurde am Montag zum ersten Mal von Vendome Projects und dem Belvedere verliehen. Robert Gabris erhält neben dem Preisgeld eine Einzelausstellung im „Belvedere 21“ (7.9.2023 bis 18.2.2024) mit begleitender Publikation.
JURYSTATEMENT:
Die Entscheidung, den „Belvedere Art Award 2022“ Robert Gabris zuzuerkennen, erfolgte aufgrund seiner beeindruckend konzentrierten und engagierten künstlerischen Arbeit. Gabris schöpft intensiv aus seinem Hintergrund als Teil der Roma-Community und hinterfragt dabei stets die Grenzen von Identitäten, die Individuen und Gruppen von außen auferlegt werden. Seine Kunst untersucht den Zustand des menschlichen Körpers, erforscht dessen Ränder und Formen in Bezug auf Queerness, über das Menschliche hinausgehendes Leben und multiple Marginalisierungen. Gabris’ visuelle Sprache reicht von präzisen Zeichnungen über Prosagedichte bis hin zu vielschichtigen skulpturalen Kombinationen, die ihre Komplexität feiern und gleichzeitig diverse Öffentlichkeiten ansprechen. Seine experimentellen Zeichnungen dienen als Mittel des Widerstands gegen Ausgrenzung und Rassismus, wobei sie stets fließend und offen für Interpretationen bleiben. Die Jury ist auch von seinem Engagement für die Communitys beeindruckt und würdigt die emotionale Arbeit, die damit verbunden ist. Die Jury freut sich, diesen Preis einstimmig an Robert Gabris zu vergeben, und wünscht ihm eine gleichermaßen freudvolle wie erfolgreiche Ausstellung im „Belvedere 21“ im September 2023.
BELVEDERE ART AWARD:
Der „Belvedere Art Award“ wurde 2022 von Vendome Projects und dem Belvedere ins Leben gerufen. Der biennal ausgelobte Kunstpreis spiegelt zukunftsweisende Dynamiken in der Gesellschaft sowie in der zeitgenössischen Kunst wider. Read the rest of this entry »
Oktober 8th, 2022 |
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Kunst & Fotografie, Veranstaltungen & Ausstellungen
Die in der Slowakei geborene Künstlerin Emília Rigová beschäftigt sich in ihrer Ausstellung Nane Oda Lavutaris/ Who Will Play for Me? mit der Geschichte sowie den Gegenwartserfahrungen der Roma.
MUMOK, Wien | 8. Okt. 2022 bis 5. März 2023
Emília Rigová befasst sich in ihrem medial breit aufgefächerten OEuvre vor ihrem eigenen biografischen Hintergrund mit aktuellen Fragen zur Identität und gesellschaftlichen Rolle der Roma sowie mit deren geschichtlichen Grundlagen. Ihre Arbeiten, die auf umfangreichen Recherchen aufbauen, richten sich gegen gesellschaftliche Polarisierung und Ausgrenzung. Sie untersuchen und akzentuieren die symbiotischen Aspekte im Verhältnis von Roma und Nicht-Roma, ohne dabei historische und gegenwärtige Konfliktfelder zu verdrängen. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass sich die Künstlerin seit 2012 „Bári Raklóri“ nennt und damit ein Alter Ego annimmt, das unterschiedliche Identitäten in sich vereint.
Die Ausstellung Nane Oda Lavutaris / Who Will Play for Me? verweist auf das musikalische Erbe der Roma als Ausdrucksform einer gesellschaftlichen Identität, die integraler Teil europäischer Kultur und widerständigen Lebens zugleich ist. Emília Rigová hat Noten alter Roma-Lieder aus der ganzen Welt gesammelt, in den Nachbarländern ethnomusikologische Archive besucht und so ein eigenes Archiv zusammengetragen. Daraus verwendet sie drei Lieder, die zwar in unterschiedlichen Gegenden der Slowakei gefunden wurden, letztlich aber transnationaler Natur sind. Sie wurden meist von verschiedenen ethnischen Untergruppen in unterschiedlichen Dialekten gesungen. Da sie sich auf bestimmte Ereignisse beziehen, wie zum Beispiel den Porrajmos, den Völkermord an den Roma und Sinti im Nationalsozialismus, schaffen sie in der Ausstellung einen nach wie vor brisanten historischen Kontext.
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Juni 19th, 2022 |
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Kunst & Fotografie, Veranstaltungen & Ausstellungen
Die OFF-Biennale Budapest startete 2015 als basisdemokratische Bewegung zur Stärkung der Unabhängigkeit, Widerstandskraft und Wirkungsmacht der lokalen Kunstszene in Ungarn. Auf der Documenta in Kassel präsentiert OFF zwei Ausstellungsprojekte und eine Publikation.
documenta fifteen
Fridericianum, 18. Juni bis 25. Sept. 2022
Friedrichsplatz 18, Kassel
Das erste Projekt ist eine langfristige Kooperation mit dem European Roma Institute for Arts and Culture (ERIAC): Hier werden Kunstwerke gezeigt, die die Frage nach der (Un-)Möglichkeit eines RomaMoMA (Roma Museum of Contemporary Art) stellen. Die Ausstellung [mit Arbeiten von: Daniel Baker, János Balázs, Robert Gabris, Sead Kazanxhiu, Damian Le Bas, Małgorzata Mirga-Tas, Mara (Omara) Oláh, Tamás Péli, Selma Selman, Ceija Stojka] berichtet von der unerzählten Vergangenheit und sich neu entfaltenden Gegenwart von Roma-Künstler*innen. Verschiedenen Künstler*innengenerationen und ihre unterschiedlichen Positionen werden durch eine Installationsmethode zur Geltung gebracht, die die Idee eines RomaMoMA sowohl konstruiert als auch dekonstruiert: Es erscheint als imaginärer, transnationaler Raum.
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April 3rd, 2022 |
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Frauenrechte, Kunst & Fotografie
Selma Selman: The Most Dangerous Woman in the World
Kunstraum Innsbruck, 11.3.2022 bis 21.5.2022. Kuratiert von Ivana Marjanović
→Zum Video der Performance
Kunstraum Innsbruck: In einem ihrer Selbstporträts auf Altmetall definiert sich Selma Selman als „the most dangerous woman in the world“. Gefährlich für wen? Aufgewachsen in einer Roma-Community in Bosnien-Herzegowina, in ihren Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten extrem durch Rassismus eingeschränkt (ihre Familie lebt vom Sammeln und Recyceln von Metallabfall), zerlegt die Künstlerin heute nicht nur „Autos, Waschmaschinen und das Patriarchat“*, sondern sie greift vor allem die Grenzen des Klassen-Rassismus an. Ob in kraftvollen Performances, in intimen und expressiven Porträts und Selbstporträts oder in der Malerei, die mit Ironie und Humor das Leben der Community, Stereotype und Emanzipation kommentiert, immer ist Selmans Arbeit von enormer Handlungsmacht durchdrungen.
Ihr Statement „Meine Familie verwandelt Metallabfall in eine wertvolle Ressource des Überlebens“ muss über persönliche Erfahrungen hinaus gelesen werden. Selma Selmans künstlerisches Medium, Malerei auf Altmetall, verweist auf die rassialisierten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Roma, die sich im Zuge der kapitalistischen Transition der verarmten Nachkriegsgesellschaft verschlechterten. Wie viele Roma auf dem Balkan, hat Selma Selman von Kindheit an in der informellen Ökonomie des Recyclings gearbeitet: Sie unterstützte ihre Familie beim Sammeln von Metallabfall und beim Verkauf an Recyclingunternehmen. Nachdem sie diese total entwertete Arbeit hinter sich lassen konnte, ohne jedoch ihren Kontext zu verleugnen, hinterfragt Selmans künstlerische Praxis Prozesse der Wertproduktion in Bezug auf Arbeit und Arbeiter*innen durch weiße Privilegien und Zugang zu Bildung. „Wir sind Intellektuelle“ malt sie auf ein Autodach. Diese Kritik an einer elitären Auffassung von Wissens(re)produktion ist auch ein affirmatives Statement im Kampf um ein wert- und würdevolles Leben.
Selma Selmans Familie, ihr Handwerk und ihre Fertigkeiten haben eine entscheidende Rolle in ihrer Arbeit als soziale und künstlerische Struktur, als Wissensreservoir, aber auch als Ort von Liebe, Ambivalenz und Komplizenschaft mit der patriarchalen Matrix der Macht. Die Familienmitglieder und ihre Community werden oft porträtiert und sind in ihre Projekte involviert. Read the rest of this entry »