NPD vertreibt Roma aus Berliner Innenstadt

November 24th, 2018  |  Published in Rassismus & Menschenrechte

Amaro Foro Deutschland„Schärferes Vorgehen gegen Antiziganismus erforderlich“Stellungnahme vom Amaro Foro und ReachOut, 22.11.2018

In Berlin-Mitte sind Roma oder dafür gehaltene Men­schen offen­bar durch rechts­extreme Ak­ti­vis­ten ver­trie­ben wor­den. Die NPD teilte dies auf Facebook und auf ihrer Home­page mit. Eini­ge der Be­trof­fe­nen waren offen­bar minder­jährig; sie wurden foto­gra­fiert und die Fotos wurden ohne ihr Ein­ver­ständ­nis im Internet ver­öffent­licht. Auf ihrer Homepage be­haup­tet die NPD, „Betrü­ger und Zigeuner“ seien „des Platzes ver­bannt“ worden. Im ent­spre­chen­den Face­book-Post heißt es: „Die meist min­der­jähri­gen Jungs und Mädchen aus vor­nehm­lich Osteuropa sind täg­lich in Touris­ten-Zentren unter­wegs, um gut­gläubige Deutsche und an­dere Gäste um ihr Bar­geld zu er­leich­tern.“ Dabei ist auf dem Foto ledig­lich ein Teil des Gesichts der Betrof­fe­nen durch einen schwar­zen Balken ver­borgen.

Dieses Vorgehen ist eine Amtsanmaßung durch Rechtsextreme, die in einer mas­siven Dis­krimi­nie­rung und Gefähr­dung gan­zer Perso­nen­grup­pen resul­tiert: Wer befürch­ten muss, für nicht deutsch ge­halten zu werden, kann sich in Berlin-Mit­te nicht mehr sicher füh­len, nicht mehr gefahr­los be­wegen. Laut Medien­berich­ten be­obach­tet der Staats­schutz den Fall. Amaro Foro und ReachOut for­dern ein ent­schie­de­ne­res Vor­gehen: An­hand der Ver­öf­fent­li­chung auf Home­page und Face­book dürf­te es nicht schwie­rig sein, hier Ver­ant­wort­liche zu iden­ti­fi­zie­ren und zur Rechen­schaft zu ziehen.

Roma und dafür gehaltene Menschen sind in Deutschland ohne­hin einer er­höh­ten Ge­fähr­dung durch rassis­ti­sche An­griffe aus­gesetzt. Gera­de hat die Leipzi­ger Auto­rita­ris­mus-Studie (wir berichteten) erneut hohe Zu­stim­mungs­werte für anti­ziganisti­sche Aus­sagen belegt: Fast jeder Zweite (49,2 %) stimmt der Aus­sage zu, Sinti und Roma sollten aus den Innen­städten ver­bannt wer­den. 60,4 Pro­zent glaub­ten, dass Sinti und Roma zur Kri­minali­tät neigen wür­den – dieser Wert steigt seit Jahren kon­ti­nuier­lich an. Das Agie­ren der NPD ist dabei so­wohl ein Aus­druck dieser weit ver­breite­ten rassisti­schen Stereo­type als auch eine Kon­sequenz des ge­sell­schaft­li­chen Rechts­rucks: Wenn fast zwei Drittel der Be­völke­rung in­zwi­schen sol­che Vor­urteile glau­ben, dürfen sich Rechts­extreme er­mu­tigt und be­stärkt darin füh­len, die be­trof­fenen Men­schen tat­säch­lich ihrer Rechte zu be­rauben oder ihnen sogar Gewalt an­zu­tun. Es ist des­halb drin­gend ge­boten, dass der Rechts­staat in Form der rot-rot-grü­nen Lan­des­regierung hier ein deut­li­ches Zeichen setzt.

Amaro Foro e.V. (Website) ist ein interkultureller Jugendverband von Roma und Nicht-Roma mit dem Ziel, jungen Men­schen durch Empower­ment, Mobili­sie­rung, Selbst­organi­sa­tion und Parti­zi­pation Raum zu schaffen, um aktive Bür­ger*in­nen zu wer­den. Als junge Roma und Nicht-Roma über­nehmen wir ge­mein­sam Ver­ant­wor­tung in der Gesell­schaft für Ach­tung und gegen­seiti­gen Respekt. Das Do­kumen­ta­tions­projekt wird von Amaro Foro seit 2014 um­gesetzt und ist bundes­weit das ein­zige Projekt dieser Art. Wir doku­men­tie­ren anti­ziganis­tische Vor­fälle in Berlin in allen Lebens­berei­chen und ver­öffent­li­chen un­sere Aus­wer­tung jedes Jahr. Mit ge­zielter Öffent­lich­keits- und Bil­dungs­arbeit ma­chen wir auf Antiziganismus auf­merk­sam und sen­si­bili­sieren politi­sche und soziale Ak­teure eben­so wie die Medien. Das Pro­jekt wird von der Landes­anti­diskri­mi­nierungs­stelle g­efördert.

ReachOut (Website) ist eine Beratungsstelle für Opfer rechter, rassisti­scher und anti­semiti­scher Gewalt in Berlin.

(Text: Stellungnahme von Amaro Foro und ReachOut/PDF)

Siehe auch:
Deutsche Au­to­ri­ta­ris­mus-Stu­die veröffentlicht

Antiziganismus in Berlin: Jahresbericht 2017
Antiziganismus in Berlin: Jahresbericht 2016
„Antiziganistische Angriffe geschehen überall“ – Amaro Foro stell­te Berli­ner Anti­zi­ga­nis­mus-Be­richt 2015 vor

Comments are closed.