„Antiziganistische Angriffe geschehen überall“
Juni 4th, 2016 | Published in Dokumente & Berichte, Einrichtungen, Rassismus & Menschenrechte
Amaro Foro stellte Berliner Antiziganismus-Bericht 2015 vor
„Dokumentation von antiziganistischen Vorfällen in Berlin 2015 und Medien-Monitoring 2015 zur Reproduktion antiziganistischer Stereotype“ >>Download (pdf)
Wie wichtig der gegenseitige Austausch ist, um Ressentiments gegen Sinti und Roma zu beseitigen, wurde am 12. Mai deutlich, als Diana Botescu und Andrea Wierich von Amaro Foro im RomnoKher-Raum des Aufbau-Hauses am Kreuzberger Moritzplatz ihre Dokumentation antiziganistischer Vorfälle 2015 zusammen mit einem Medien-Monitoring der Öffentlichkeit vorstellten. „Ob bei Behörden, im Arbeitsleben, in der Schule oder bei der Polizei: Antiziganistische Beleidigungen und Angriffe geschehen überall“, beklagte Merdjan Jakupov, Vorstandsvorsitzender von Amaro Foro. Projektleiterin Diana Botescu ergänzte mit einem drastischen Beispiel aus ihrer Veröffentlichung: „Einer Familie wurde im Jobcenter am Empfangsschalter gesagt: ‚Ich will Ihre Unterlagen nicht sehen, ich will mit Zigeunern nichts zu tun haben.‘ Als die Frau daraufhin in Tränen ausbrach, wurde sie von der Security rausgeschmissen.“
Auch in den Medien seien antiziganistische Klischees omnipräsent, kritisierte Andrea Wierich, Pressereferentin von Amaro Foro, die das Medien-Monitoring zur Dokumentation erstellte. Wierich sagte: „Besonders in den immer wiederkehrenden Debatten über sogenannte Problemhäuser zeigt sich eine erschreckende Unwilligkeit zur Differenzierung und Reflexion und eine erstaunliche Hemmungslosigkeit, auf Stereotype zurückzugreifen.“
Insgesamt sind in der knapp 40-seitigen Dokumentation 39 Fallbeispiele zusammengetragen worden, die antiziganistische Diskriminierung beim Kontakt mit Behörden und Ordnungsämtern, beim Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnraum, medizinischer Versorgung sowie zu Gütern und Dienstleistungen ebenso wie Diskriminierung im Alltag und im öffentlichen Raum belegen.
Um Vorurteile abzubauen, ist neben persönlichen Begegnungen wie beim alljährlichen Herdelezi in der Boddinstraße vor allem das Problembewusstsein der Vorgesetzten in Verwaltungen, Behörden, Unternehmen und Betrieben wichtig. „Es liegt nicht nur an den Mitarbeitern, sondern auch an den Vorgesetzten, wenn es Diskriminierungen gibt“, betonte Merdjan Jakupov. „Eine handvoll Polizisten haben bei Amaro Foro mal einen Workshop mitgemacht“, schloss Andrea Wierich an: „Es hätten ruhig ein paar mehr sein können. Wir freuen uns immer, wenn unser Wissen gefragt ist.“
Die Broschüre „Dokumentation von antiziganistischen Vorfällen in Berlin 2015 und Medien-Monitoring 2015 zur Reproduktion antiziganistischer Stereotype“ ist neuerdings als pdf-Download auf der Homepage des Amaro Foro e. V. verfügbar (>>Download).
(Text: Christian Kölling/Facetten Neukölln)