„Community Roma Doula Service“ (Ungarn)
Dezember 5th, 2023 | Published in Ehrungen & Nachrufe, Einrichtungen, Frauenrechte
SozialMarie ist ein Preis für soziale Innovation. Viele der ausgezeichneten Projekte befassen sich mit Roma. Wir stellen Ihnen einige dieser Initiativen vor:
Einer der Hauptpreise der SozialMarie 2023 ging an das Projekt Community Roma Doula Service (Közösségi dúlaszolgálat Alsózsolcán), welches benachteiligte Frauen, die aufgrund ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation anfälliger für geburtshilfliche Gewalt sind, unterstützt. Das Projekt zielt darauf ab, dies zu bekämpfen, indem es einen gemeinschaftlichen Douladienst in Alsózsolca (Nordostungarn) betreibt und die Selbstorganisation von Roma-Frauen unterstützt.
Projektträger: EMMA Közhasznú Egyesület (EMMA Association)
Herausforderung: Roma-Frauen mit einem benachteiligten Hintergrund sind anfälliger für geburtshilfliche Gewalt; ihre reproduktiven Rechte können in Ermangelung angemessener Informationen und Schulungen kumulativ verletzt werden. Viele schwangere Frauen bitten darum, können aber in ihrem Umfeld niemanden finden, der sie in den Kreißsaal begleitet; diese Frauen werden also allein gelassen.
Idee: Im Rahmen des Projekts Community Roma Doula Service in Alsózsolca (Nordostungarn) übernehmen einheimische Roma-Frauen eine unterstützende Rolle und begleiten ihre Kolleginnen im Krankenhaus. In einer besonders verletzlichen Phase des Lebens einer Frau setzen sich die Doulas dafür ein, dass die körperlichen und emotionalen Bedürfnisse der Frauen erfüllt werden, und arbeiten daran, ihre Diskriminierung zu verhindern.
Akteur*innen: Das Projekt betont, wie wichtig es ist, alle Frauen dabei zu unterstützen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die Doulas sind einheimische Roma-Frauen, die einen direkten Einblick in die Bedürfnisse der Mütter vor Ort haben. Das Projekt beinhaltet eine Doula-Ausbildung und entwickelt eine vertrauensvolle Beziehung durch Gespräche über die Mutterschaft.
Wirkung: Die Doulas der Gemeinde erfahren durch ihre Tätigkeit als Geburtsbegleiterinnen eine persönliche und berufliche Weiterentwicklung und werden zu Vorbildern in der Gemeinde. Den Müttern vor Ort wird ein Gefühl von Sicherheit, Selbstbestimmung, Information und mütterlicher Kompetenz vermittelt. Die Präsenz der Doulas im Projekt baut Brücken zwischen benachteiligten schwangeren Frauen und dem Gesundheitspersonal.
Transfer: Das Projekt zielt darauf ab, ähnliche kommunale Doula-Dienste in anderen Regionen Ungarns einzurichten. Zunächst sollen Gespräche in den Gemeinschaften der Roma-Frauen organisiert werden, um über das Programm zu informieren. Diese orientieren sich an den ermittelten Bedürfnissen und Besonderheiten und könnten auf andere Regionen ausgeweitet werden. Die Ausbildung neuer potenzieller Doulas könnte mit Hilfe einer lokalen Organisation erfolgen.
Würdigung der Jury: Die Stärke des „Community Roma Doula Service“ liegt im Peer-to-Peer-Ansatz, der auf der Solidarität unter Frauen beruht. Das Projekt hat eine dreifache Wirkung: Es stärkt Roma-Frauen während ihrer Schwangerschaft und Geburt, gibt denjenigen, die als Doulas tätig sind, neue Chancen und beleuchtet das vernachlässigte Problem der geburtshilflichen Gewalt. Es unterstützt die Selbstorganisation dieser Gruppe und bietet ein wirksames Instrument gegen Diskriminierung. Durch die starke Einbindung der Zielgruppe hat es das Potenzial, einen systemischen Wandel im Gesundheitswesen herbeizuführen.
(Text: SozialMarie [engl.])