ORF-Publikumsrat: Wer vertritt wen?

Mai 20th, 2022  |  Published in Einrichtungen, Medien & Presse, Politik

ORF-Zentrum Küniglberg (Foto: Thomas Ledl/Wikimedia CC)Angriff auf die Vielfalt – Ge­mein­same Stel­lung­nahme der öster­rei­chi­schen Volks­­gruppen zur Be­setzung des ORF-Pub­li­kums­rats: Vorgehen von Medien­mi­nis­te­rin Raab „be­fremd­lich und un­ver­ständlich“. Volks­gruppen prüfen juris­ti­sche An­fechtung.

Es liegt an den für die Besetzung verantwortli­chen Per­sonen, schnellst­möglich die Be­denken aus vielen Be­reichen der Gesell­schaft zu be­seitigen und für einen gesetzes­konformen Zustand zu sorgen. Ent­spre­chend den Ent­sendun­gen der letz­ten Jahre und dem bis dato ge­leb­ten Rotations­prinzips wäre aus unse­rer Sicht ein Ver­treter der Roma in den Publikums­rat zu ent­senden ge­wesen.

Karl Hanzl, langjähriges Pub­li­kums­rats­mit­glied und Vor­sitzen­der des tsche­chi­schen Beirates

Stellungnahme der „Ständigen Konferenz der Vorsitzenden der Bei­räte der autoch­tho­nen Volks­grup­pen Öster­reichs“, 20.5.2022:

Die Anfang Mai erfolgte Besetzung des ORF-Publikumsrates hat in den von der „Ständigen Konferenz der Vor­sitzenden der Beiräte der autoch­thonen Volks­gruppen Österreichs“ (in Folge kurz: Vor­sitzen­den-Kon­ferenz) ver­tretenen Vereinen und Gruppen für Erstaunen und Entsetzen gesorgt. Ab­gesehen vom kom­mentar­losen Abgehen von der über Jahre und Jahr­zehnte gelebten und an­erkannten Praxis des Vorschlags- und Be­setzungs­vorganges durch das zu­ständige Ministerium und Medien­ministerin Susanne Raab, sieht die Vorsitzen­den-Kon­ferenz ihre eigene Ein­schätzung der Unrecht­mäßigkeit der Besetzung auf Basis der geltenden Gesetzes­lage durch die zahl­reichen Medien­berichte und Kom­mentare von Medien­wissen­schaft­ler:innen voll inhalt­lich bestätigt.

Die Vorsitzenden-Konferenz sieht sich aufgrund der rechtlichen und gesetzlich ver­ankerten Stellung der von ihnen vertrete­nen Volks­gruppen jeden­falls als „repräsen­tative Gruppe bzw. Organi­sation“ im Sinne der für die Besetzung des ORF-Pub­likums­rates rele­vanten Paragrafen des ORF-Gesetzes (§ 28 Abs. 4 ORF-G u.a.) und hat auch in den letzten Jahrzehnten die vor­gese­henen Vorschläge an die jeweils zu­ständigen ministe­riellen Stellen über­mittelt. Auch für die neue Wirkungs­periode des Publikums­rates hat die interne Abstimmung inner­halb der Or­ganisation bereits statt­gefunden. „Ent­sprechend den Ent­sendungen der letzten Jahre und dem bis dato gelebten Rotations­prinzips wäre aus unserer Sicht ein Vertreter der Roma in den Publikums­rat zu entsenden ge­wesen“, erklärt Karl Hanzl, lang­jähriges Publikums­rats­mitglied und Vor­sitzender des tsche­chischen Beirates.

Die Vorsitzenden-Konferenz prüft aktuell die Möglichkeiten einer juristi­schen An­fechtung der Publikums­rats-Be­setzung und behält sich weitere Schritte dies­bezüglich vor. „Gerade wir als Volks­gruppen­vertreter stehen für Vielfalt und Diversität in der Gesell­schaft, wir re­präsen­tieren ver­schie­denste kulturelle Tra­ditionen, auf deren Wich­tigkeit in der Ent­wicklung unserer Gesell­schaft nicht zuletzt National­rats­prä­sident Sobotka im Rahmen der Ende März erst­mals ab­gehaltenen ‚Dialog­plattform autochthoner österreichi­scher Volks­gruppen im Parlament‘ hinwies (Anm. siehe APA OTS-Aus­sendung vom 22. März 2022). Ent­sprechend befremd­lich und un­verständlich ist für uns die eigen­mächtige und jed­wede Form des Dialogs vermi­ssende Vorgehens­weise durch das Medien­ministerium“, meint Hanzl.

Die Bedenken der Vorsitzenden-Konferenz werden durch die offen­sichtlich auch in zahl­reichen weiteren Bereichen miss­achtete gesetzliche Vorgehens­weise verstärkt; diese könne nicht anders als ein Angriff auf die Vielfalt und Breite des öffent­lich-recht­lichen Medien­wesens inter­pretiert werden. „Es liegt an den für die Besetzung ver­ant­wortlichen Per­sonen, schnellst­möglich die Bedenken aus vielen Bereichen der Gesel­lschaft zu be­seitigen und für einen gesetzes­konformen Zustand zu sorgen“, so Hanzl ab­schließend.

(Aussendung der Vorsitzenden-Konferenz)

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