Salzburger Bettelverbot wieder vor dem VfGH

Mai 18th, 2022  |  Published in Politik, Rassismus & Menschenrechte, Recht & Gericht

"Betteln ist ein Menschenrecht" (Foto: Plattform Menschenrechte)Der Verfassungsgerichtshof muss neuer­lich über das sek­torale Bettel­verbot in Salz­burg ent­schei­den. Be­reits 2017 hat der VfGH die Salz­burger Re­ge­lung als men­schen­rechts­widrig auf­ge­hoben.

Das so genannte sektorale Bettelverbot in der Stadt Salzburg wird neuer­lich den öster­reichi­schen Ver­fassungs­gerichts­hof (VfGH) be­schäf­tigen. Schon mit einem Ent­scheid aus dem Jahr 2017 hat der VfGH eine Verbots­zone in Salzburg als verfassungs­widrig auf­gehoben, die der Gemeinde­rat beschlos­sen hatte. Wäh­rend dieses Ver­fahren lief, erließ der Gemeinde­rat aber eine leicht ge­änderte Ver­ordnung für die Verbotszonen in der Altstadt, welche die erste ersetzte. Spä­testens nach dem Spruch des VfGH hätte die Stadt­regierung von sich aus re­agieren und auch die zweite Verbots­zonen­ver­ord­nung auf­heben müssen, kriti­sierte die Plattform für Menschen­rechte mehr­mals in den letzten Jahren. Das ist aber nicht ge­schehen. Nun muss das Höchst­gericht in einem eige­nen Fall auch über die zweite Verbotszone ent­scheiden.

Plattform Menschenrechte richtet wieder Rechts­hilfe­fonds ein

Betroffen ist eine Frau aus Rumänien, die im Dezember 2020 in der Schanzl­gasse still am Boden sitzend ge­bettelt hatte. Sie erhielt dafür eine Geldstrafe in Höhe von € 100 und legte da­gegen einen Einspruch ein, der von der Polizei ab­gewiesen wurde. Vor kurzem lehnte auch das Landes­ver­waltungs­gericht Salzburg eine Beschwerde gegen die Strafe ab. Mit Unter­stützung der Plattform für Men­schen­rechte Salzburg geht der Fall nun zum VfGH. Um die Kosten für das Verfahren auf­zu­bringen, hat die Platt­form wieder einen Rechts­hilfe­fonds eingerichtet, der mit Spenden ge­speist wird.

„Das Urteil des Landesverwaltungsgerichtes ist in keiner Weise nach­voll­ziehbar“, erklärt Alina Kugler von der Plattform für Men­schen­rechte. „Der Verfassungs­gerichts­hof hat schon ein­mal klar ent­schieden, dass das absolute Bettelverbot in den definierten Zonen menschen­rechts­widrig ist. Wir als Platt­form setzen uns jeden­falls dafür ein, dass auch in der Stadt Salz­burg die Menschen­rechte ge­achtet werden.“

Stadt Salzburg ignoriert Urteile des VfGH

Der Verfassungsgerichtshof hat das früher in Salzburg in bestimmten Zonen gelten­de absolute Bettel­verbot schon mit einem Urteil im Jahr 2012 aufgehoben und zwar mit Hinweis auf Artikel 10 der Euro­päi­schen Menschen­rechts­konvention. Dieser be­inhaltet das Recht auf freie Kom­muni­kation. Demnach muss es einem Menschen in der Regel erlaubt sein, in der Öffent­lich­keit auf seine Notlage auf­merk­sam zu machen. Die Stadt verordnete dennoch eine Verbots­zone für große Teile der Altstadt und stützte sich dabei auf das Salzburger Landes­sicherheits­gesetz. Dieses sieht vor, dass die Gemeinden für be­stimmte Zonen vorüber­gehend ein Bettelverbot ver­ordnen dürfen. Die damals verhängte Ver­botszone in der Stadt Salzburg war laut Verfassungs­gerichts­hof aber deshalb rechts­widrig, weil der zeitliche und räumliche Umfang auf ein um­fassendes Verbot hinaus­lief. Daran hat die zweite Ver­ordnung de facto nichts geändert. Derzeit gilt das Bettel­verbot bei­spiels­weise in der Getreide­gasse und in den an­grenzen­den Gassen bis zur Salzach, am Platzl, in Teilen der Linzergasse sowie während der Festspiele in der Hofstall­gasse. Legitim ist ein Bettelverbot nach Ansicht des Ver­fas­sungs­ge­richts­hofes auf Märkten und auf den städtischen Friedhöfen.

(Text: Plattform Menschenrechte, Salzburg)

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