Wels: Campierverbot für Roma

Februar 6th, 2014  |  Published in Politik, Rassismus & Menschenrechte

Campierverbot für Roma und Sinti auf dem Messegelände Wels (Foto: wels.osterreich1.at)Romano Centro: Stellungnahme zum Campierverbot für Roma und Sinti in Wels

Wie durch den offenen Brief des Oberösterreichi­schen Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextre­mis­mus (siehe unten) bekannt wurde, hat der Welser Gemeinderat im November 2013 beschlossen, das Campieren auf dem Welser Messe­gelände zu ver­bieten. Das Verbot richtet sich gegen Roma und Sinti, die bisher jedes Jahr ein paar Tage dort campiert und dafür eine Gebühr entrichtet haben. Wie dem offenen Brief weiter zu entneh­men ist, wird von weit rechts stehenden Kräften seit längerer Zeit eine Hetzkampagne gegen Roma und Sinti betrieben, die nun offen­sicht­lich Früchte trägt. Dies leistet der Kriminalisierung einer ohnehin stark diskri­minier­ten Minderheit Vorschub. Leider kommt es in Österreich immer wieder zu rassis­tischen Übergriffen gegen durch­reisende Roma und Sinti, wie auch unser Antiziganismus­bericht 2013 belegt (Download auf www.romano-centro.org).

Es ist äußerst bedauerlich, dass dies gerade in einer oberöster­rei­chi­schen Stadt passiert, wo es doch in diesem Bundesland (in Braunau und Linz) gelungen ist, in Zusammen­arbeit mit dem Verein Ketani eigene Durchreiseplätze für reisende Roma und Sinti einzu­richten, Nutzungs­konflikte zu vermeiden und den Bedürfnissen der Roma und Sinti gleichermaßen wie jenen der Mehrheits­gesell­schaft zu entsprechen.

Wir appellieren an Herrn Landeshauptmann Pühringer, der gerade den Linzer Verein Ketani mit dem Menschen­rechts­preis des Landes Oberösterreich ausge­zeichnet hat, auf seine Welser Partei­kol­legInnen ein­zu­wirken, damit dieser Beschluss rück­gängig gemacht wird.  (Aussendung des Romano Centro, 6.2.2014)


Offener Brief an Vizebürgermeister Peter Lehner

Roma sollen in Wels menschlich behandelt statt in die Illegalität gedrängt werden

In der Sitzung des Gemeinderates der Stadt Wels vom 18. November 2013 wurde mit den Stimmen der FPÖ und der ÖVP beschlossen, über das Welser Messegelände ein Campierverbot zu verhängen. Schon einige Wochen zuvor war dieses Verbot im Gemeinderat beantragt worden, hatte aber infolge der krankheits­bedingten Abwesenheit zweier FPÖ-Mandatare keine Mehrheit gefunden. Es ist offen­sichtlich und wurde auch gar nicht zu leugnen versucht, dass sich das Campierverbot ausschließlich gegen durchziehende Roma richtet, die bisher mit ihren Wohnwägen jährlich einige Tage auf dem Messegelände Station gemacht und dafür auch bezahlt haben. Mit diesem Campieren hätte die überwäl­tigende Mehrheit der Welser Bevölkerung wohl kein Problem, würde nicht von verschiedenen weit rechts stehenden Kräften seit langem eine Hetz­kampagne betrieben, die Vorurteile gegen Roma schürt und ihnen in Wels keinen Aufenthalt zugestehen will.

Nun ist es sicher richtig, dass ein eigener, entsprechend ausgestatteter Campierplatz am Stadtrand (wie ihn etwa Linz und Braunau anbieten) besser geeignet wäre als das Messegelände. Allerdings würde es in Ihren Aufgabenbereich als Planungsstadtrat fallen, einen solchen Campierplatz zu finden. Unseren Informationen nach haben Sie erklärt, dafür existiere kein passendes Grundstück. Doch ob das nun stimmt oder nicht: Es ist unwürdig und unmenschlich, durchziehenden Angehörigen einer seit jeher diskriminierten und von den Nationalsozialisten fast ausgerotteten Minderheit die einzige legale Aufenthaltsmöglichkeit in der Stadt zu entziehen. Die leicht absehbare Folge wird sein, dass diese Menschen künftig nicht auf ihre Fahrten verzichten, sondern im Welser Raum wild campieren. Dadurch drohen völlig überflüssige Konflikte zu entstehen. Am Ende könnten Roma kriminalisiert werden, nur weil sie sich mit ihren Wohnwägen vorübergehend aufhalten wollen (und dafür zu zahlen bereit sind).

Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, wir sind entsetzt, dass eine knappe Mehrheit im Welser Gemeinderat eine solche Entwicklung ermöglicht hat! An Ihnen und Ihrer Fraktion liegt es, diesen Beschluss gemeinsam mit der SPÖ und den Grünen so schnell wie möglich wieder rückgängig zu machen. Es sollte Ihnen leicht fallen, da er mit den christlichen, sozialen und humanen Werten, auf die sich die ÖVP beruft, völlig unvereinbar ist. Wir können uns auch nicht vorstellen, dass dieses ausgrenzende Campierverbot die Zustimmung von Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann Josef Pühringer findet. Er hat erst am 10. Dezember, dem „Tag der Menschenrechte“, den Verein Ketani für Sinti und Roma mit dem Menschenrechtspreis des Landes Oberösterreich ausgezeichnet und dabei den Anliegen der Minderheit seine Unterstützung zugesichert.

In diesem Sinn richten wir an Sie, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, den dringenden Appell: Bitte sorgen Sie dafür, dass Ihre Fraktion die getroffene Fehlentscheidung korrigiert und für die rasche Aufhebung des Campierverbotes auf dem Messegeländes eintritt! Damit Roma in Wels menschlich behandelt statt in die Illegalität gedrängt werden. Sollten Sie als Planungsstadtrat später einmal einen eigenen Campierplatz am Stadtrand realisieren, würden wir das natürlich sehr begrüßen.

Wir ersuchen Sie um baldige Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

Anton A. ACHLEITNER, Pfarrmoderator Wels-St. Franziskus
Wilhelm ACHLEITNER, Leiter des Bildungshauses Schloss Puchberg
Gerhard ARMINGER, Arzt
Michaela ARMINGER, Ärztin
Ingrid BACHLER, Fachinspektorin für evangelischen Religionsunterricht
Josef BERNÖGGER, Diakon Wels-Hl. Familie
Walter BINDER, Soziales Netzwerk Wels
Rudolf BITTMANN, Diakon Wels-Hl. Familie
Bert BRANDSTETTER, Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich
Johann BRÄUER, Pfarrmoderator Wels-St. Josef
Slawomir DADAS, Pfarrer Wels-Hl. Familie, Dechant Wels
Johann DANILOV, ÖGB-Präsidium Wels
Dursun DINLER, Obmann des Alevitischen Kulturvereins Wels
Peter EBERLE, Vorsitzender des Kulturvereins waschaecht
Gerhard EIGNER, Rechtsanwalt
Robert EITER, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Maria FISCHER, Pastoralassistentin PAZ Wels
Sigrid HANNESSCHLÄGER, Pastoralassistentin Wels-St. Stephan
Andreas HASIBEDER, Pfarrassistent Wels-St. Josef
Stefan HASLINGER, Vorsitzender des Betriebsvereins Alter Schlachthof Wels
Margit HAUFT, Vorsitzende der Reformbewegung Laieninitiative
Charlotte HERMAN, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz
Peter HUMER, ÖGB-Regionalsekretär
Günter KALLIAUER, Programmkino Wels
Martin KAMRAT, Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Linz
Reinhard KANNONIER, Rektor der Kunstuniversität Linz
Martin KASBAUER, Rechtsanwalt
Andrea KOPPENBERGER, Dekanatsjugendleiterin Wels-Stadt
Martin KRANZL-GREINECKER, Gedenkinitiative „Kinder von Etzelsdorf“
Ludwig LAHER, Träger des Kulturpreises des Landes Oberösterreich
Klaus LAIREITER, Pfarrer Wels-Herz Jesu
Albert LANGANKE, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich
Irmgard LEHNER, Pfarrassistentin Wels-St. Franziskus
Josef MADLMAYR, Vorsitzender des Arbeiterbetriebsrates BRP-Powertrain
Rosa Gitta MARTL, Verein Ketani für Sinti und Roma
Ernst MONITZER, Caritas-Fachausschuss Stadtpfarre Wels
Maria MONITZER, Caritas-Leiterin Stadtpfarre Wels
Tamara MOSBERGER, Jugendleiterin D22
Hannes MÜLLER, Lehrer
Claudia NEUGEBAUER, Lehrerin
Albert NEUGEBAUER, Kaufmann
Peter NEUHAUSER, Alter Schlachthof Wels
Peter NEUHUBER, Pfarrer Wels-St. Stephan
Hermann NIEDERHAUSER, Diakon Wels-Hl. Familie
Elke OBERLEITNER, Kulturarbeiterin
Heinz OPPITZ, Sprecher der Plattform Pro Integration
Gertrude PALLANCH, Katholische Frauenbewegung Stadtpfarre Wels
Cornelia PAUER, Angestellte
Walter PAUER, Arzt
Veronika PERNSTEINER, stv. Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs
Bernhard PETERSEN, evangelischer Pfarrer Wels
Michaela PETZ, AK-Bezirksstellenleiterin Wels
Nikola PRSKALO, Pfarrer Stadtpfarre Wels
Birgit RAFFELSBERGER, Dekanatsassistentin Wels
Karl RAMSMAIER, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich
Sonja REITINGER, Zentralbetriebsratsvorsitzende Klinikum Wels-Grieskirchen
Franz Xaver REMIAS, Obmann des Vereins Kulturwecker
Werner RETZL, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus
Uwe SAILER, Träger des Ute-Bock-Preises für Zivilcourage
Sigrun SAVOY, Pastoralassistentin Wels-Hl. Familie
Wilfried SCHEIDL, Regionalkoordinator der Caritas Wels
Maria SCHMOTZER, Caritas-Fachausschuss Stadtpfarre Wels
Franz Samy SCHRITTWIESER, Diakon Wels-St. Franziskus
Nicole SEVIK, Verein Ketani für Sinti und Roma
Ayfer SINIRTAS, Obmann-Stellvertreterin des Alevitischen Kulturvereins Wels
Rudolf SPITZER, ÖGB-Präsidium Wels
Christian STÖBICH, stv. Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus
Christopher STRABERGER, Rechtsanwalt
Fritz STRAND, Apotheker
Franz STRASSER, Schauspieler und Regisseur
Johanna STRASSER-LÖTSCH, Pastoralassistentin
Niko TOMIC, Kaplan Wels-Hl. Familie
Norbert TRAWÖGER, Musiker, Kurator und Lehrer
Gudrun TRUSCHNER, Rechtsanwältin
Gunther TRÜBSWASSER, Vorsitzender SOS Menschenrechte
Wolfgang WASSERBAUER, Alter Schlachthof Wels
Lucia WEBER, Pfarrgemeinderats-Obfrau Wels-St. Franziskus
Roland WERNECK, evangelischer Pfarrer Wels
Brigitte WIMMER, Treffpunkt mensch&arbeit, Soziales Netzwerk Wels
Petra WIMMER, Geschäftsführerin des Sozialen Wohnservice Wels
Wolfgang WURM, Lehrer
Robert ZINTERHOF, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich

(Quelle)

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