Karnevalsphantasien

März 4th, 2014  |  Published in Brauchtum & Tradition, Rassismus & Menschenrechte

Gift fürs "Zigeunerlager" - Rosenmontagszug 1907 in Köln-Poll, Ausschnitt eines Leporellos im Besitz des Karnevalsmuseums, Köln (Nevipe 32/2009)) Tja, der Karneval! Da lässt die „Volksseele“ im Narren­kostüm end­lich alles raus, was wäh­rend des Jah­res unter der Ober­flä­che vor sich hin­bro­delt. Und was da als Spaß ans Tages­licht schwappt, ist nicht im­mer lus­tig – und mit­unter alles an­dere als ein unschul­diges Ver­gnügen: Manc­he hal­ten bis heute „Mohr“ und „sexy Zigeunerin“ für eine gute Verkleidungswahl fürs Faschings­fest; Kos­tüm­ver­leihe haben „Afro-Tucken“ und kanni­ba­li­sche „Ur­wald­men­schen“ samt Bast­röckchen und Kno­chen im Haar im Ange­bot; eine Frankfurter „Carneval-Gesellschaft“ hält aus­ge­las­sene „Negersitzungen“ ab; und auch juden­feind­liche Fastnachts­bräuche hat man offen­bar bis in unsere Gegen­wart geret­tet – achsel­zuckend, als hät­te es den Holocaust nie ge­geben. Um vieles hä­rter noch trifft dies die Roma: „Zack, zack, Zigeunerpack“ prangte bei­spiels­wei­se 2005 auf einem Festwagen bei einem Fast­nachts­zug in Baden-Württem­berg. Dieser als Scherz verpackte Hass gegen „Zigeu­ner“ ist ein Faschings­ver­gnügen mit besonders lan­ger Tradi­tion: Das hier ge­zeigte Bild (aus Nevipe 32/2009) zeigt etwa einen Wa­gen des Poller Rosen­montags­zugs 1907 in Köln, auf dem das Insek­ten­vertil­gungs­mittel „Zacherlin“ gegen ein „Zigeunerlager“ in Stellung ge­bracht wurde. Kar­neva­leske Vernich­tungs­phan­tasien, die Rea­li­tät wer­den sollten.

(R.U./dROMa)

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