Karnevalsphantasien
März 4th, 2014 | Published in Brauchtum & Tradition, Rassismus & Menschenrechte
Tja, der Karneval! Da lässt die „Volksseele“ im Narrenkostüm endlich alles raus, was während des Jahres unter der Oberfläche vor sich hinbrodelt. Und was da als Spaß ans Tageslicht schwappt, ist nicht immer lustig – und mitunter alles andere als ein unschuldiges Vergnügen: Manche halten bis heute „Mohr“ und „sexy Zigeunerin“ für eine gute Verkleidungswahl fürs Faschingsfest; Kostümverleihe haben „Afro-Tucken“ und kannibalische „Urwaldmenschen“ samt Baströckchen und Knochen im Haar im Angebot; eine Frankfurter „Carneval-Gesellschaft“ hält ausgelassene „Negersitzungen“ ab; und auch judenfeindliche Fastnachtsbräuche hat man offenbar bis in unsere Gegenwart gerettet – achselzuckend, als hätte es den Holocaust nie gegeben. Um vieles härter noch trifft dies die Roma: „Zack, zack, Zigeunerpack“ prangte beispielsweise 2005 auf einem Festwagen bei einem Fastnachtszug in Baden-Württemberg. Dieser als Scherz verpackte Hass gegen „Zigeuner“ ist ein Faschingsvergnügen mit besonders langer Tradition: Das hier gezeigte Bild (aus Nevipe 32/2009) zeigt etwa einen Wagen des Poller Rosenmontagszugs 1907 in Köln, auf dem das Insektenvertilgungsmittel „Zacherlin“ gegen ein „Zigeunerlager“ in Stellung gebracht wurde. Karnevaleske Vernichtungsphantasien, die Realität werden sollten.
(R.U./dROMa)